Buchbinderei Gerken

Inhaber Michael Steiert
Hugenhofweg 4
79856 Hinterzarten
Terminvereinbarung nur noch online über buchbinderei-gerken@gmx.de

Geschichte

Eine kurze Geschichte des Buchbinderhandwerks 

Die Anfänge unseres Handwerks liegen, wie so oft, im Dunkel der Geschichte. Sobald aber der Codex (die heutige Form des Buches mit Seiten und deren Schutz, den Deckeln) die Rolle als Schriftträger ablöste, muss es auch Buchbinder gegeben haben.

Mittelalter

Im 5. – 6. Jh. wurden in Klöstern, vor allem in Irland und Schottland, viele Bücher geschrieben und dann eingebunden. Meist war der Schreiber auch der Buchbinder, da sich nur in Klöstern mit großen Skriptorien ein „Spezialist“ um das Einbinden kümmern konnte. Dies blieb so, bis sich im 13. und 14. Jh. in einigen Universitäts- und Handelsstädten  die ersten bürgerlichen Buchbinder etablierten. 

Renaissance

Mit Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (1450)  und dem rasanten Anstieg der Buchproduktion war es nun notwendig, dass diese große Anzahl von Büchern auch gebunden wurde. Daraus folgte nun ein Anstieg von nichtklösterlichen Buchbindern. Manchmal waren es Geistliche (wie Johannes von Richenbach) oder Studenten, die sich mit dem Binden von Büchern ein Zubrot verdienten, manchmal andere handwerklich begabte Männer. 

Barock

Im 16. und 17. Jh. bildeten sich nun die eigenständigen Buchbinder- Zünfte (Freiburg 1603) , so dass das Buchbindehandwerk eine festgefügte Ordnung bekam. Viele Buchbinder entwickelten sich zu Spezialisten in der Vergoldung von Einbänden und Buchschnitten. Diese überreiche Vergoldung entsprach dem Stil der Zeit.

Neuzeit

Der Zunft- und Wanderzwang für das Handwerk wurde 1861 mit dem Vertrag über die Gewebefreiheit aufgehoben. Kurze Zeit später erlebten wir im Buchgewerbe auch die industrielle Revolution. Mit Dampfpressen wurde die Buchproduktion wiederum um ein vielfaches gesteigert. Das handwerkliche Buchbinden konnte damit nicht Schritt halten. Dies führte nun zu einer Spaltung des Buchbindegewerbes, wie es heute noch existiert. Zum einen von Manufakturbetrieben hin zur  industriellen Serienfertigung und zum anderen zur  handwerklichen Buchbinderei für Einzel- und Sonderarbeiten und Kleinauflagen.

 

Wir fühlen uns der Tradition der handwerklichen Buchbinderei verpflichtet und sind dennoch offen für die neuen Entwicklungen in Buchbinderei und Restaurierung.


Die Geschichte der Buchbinder Freiburgs und Umgebung

Geschichte der Freiburger Buchbinder, Kapitel II

Freiburgs Buchbinder im 16. Jahrhundert

Der beginnende wirtschaftliche Aufschwung, der Ende des 15. Jahrhunderts begann, setzte sich auch im 16. Jahrhundert fort. 

Im Jahr 1570 waren schon 7500 Einwohner in Freiburg ansässig.

Die drei großen Ereignisse des 16. Jahrhunderts (Bauernaufstände, Bauernkrieg und die Reformation) hatte für Freiburgs Buchbinder keine allzu gravierenden Folgen.

  • Die Bauernaufstände der Bundschuhbewegung unter Jos Fritz wehrte die Stadt Freiburg 1514 schon im Vorfeld in Lehen militärisch ab.
  • Die Bauernkriege 1525-1526 brachten zwar eine Besetzung der Stadt durch ein Bauernheer, aber größere Schäden konnten vermieden werden. 
  • Die Reformation führte auch nicht zu größeren Verwerfungen in der Stadt. Anfänglich standen die Universität und einige der Professoren den Lehren Luthers positiv gegenüber. 

Erst durch ein landesherrliches Mandat 1522 wurde der Stadt befohlen, sich dem Protestantismus entgegen zu stellen. 

Aber: „ Wien war weit weg“ so dass auch dieses Mandat kaum beachtet wurde.

Erst als 1524 Erzherzog Friederich Freiburg besuchte und bei diesem Anlass Lutherschriften verbrennen ließ und der Stadtschreiber von Kenzingen, Jakob Otter, in Freiburg als Ketzer hingerichtet wurde, änderte sich die Situation. 

Freiburg war nun wieder ganz auf der Linie der habsburgischen Politik.

Für die Buchbinder hatte die Reformation sogar positive Auswirkungen – 1529 zog das Basler Domkapitel und einige Gelehrte (wie Bsp. Erasmus von Rotterdam) ins katholische Freiburg.

Die stabile bis gute wirtschaftliche Entwicklung, eine größere Universität, ein höheres Bildungsniveau, eine immer größere Menge an Büchern (die ungebunden verkauft wurden), all das waren  gute Voraussetzungen für Buchbinder. 

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sich im 16. Jahrhundert mindestens 20 Buchbindereien in Freiburg nachweisen lassen.

Am Beispiel von drei Buchbindern soll aber verdeutlicht werden, dass nur die wenigsten Werkstätten einen wirtschaftlichen Erfolg erzielten.

Franz Steinsdorffer, zünftig 1508

Ende des 15. Jahrhunderts arbeitete er für die Buchführerfamilie Koberger in Nürnberg, für die er auch vergoldete Einbände herstellte. Somit war er wohl der erste Freiburger Buchbinder, der diese Technik beherrschte. Eine gute Voraussetzung! 

In Prozessakten der Stadt Freiburg ist er aber wiederholt aufgeführt, da er offen leugnete, dass die Jungfrau Maria ohne Erbsünde empfangen sei. Das widersprach aber der katholischen Glaubenslehre. Da er  nicht widerrief, wurde er aus der Stadt verbannt und ließ sich später in Mainz nieder.1 

Hans Georg Kürnbach,  züftig 1575 

Auch ihm war kein bleibender geschäftlicher Erfolg vergönnt.
Im Jahr 1582 musste er Insolvenz anmelden.
Diesem Umstand verdanken wir jedoch eines der wichtigsten Dokumente über die Ausstattung einer Buchbinderei im 16. Jahrhundert.
Die ganze Ausstattung des Haushalts und der Buchbinderei wurden öffentlich versteigert und in einer sogenannten „Gantliste“ aufgeführt.
Dort wird jedes auch noch so kleine Werkzeug aufgelistet und mit einem Preis versehen.
Das gesamte Werkzeug wurde von dem Buchbinder Hans Lenglin für 44fl ersteigert.2 

Jacob Holl,  zünftig 1544

Ein Vertreter des typischen „deutschen“ Einbandstils dieser Zeit.
Er fertigte hauptsächlich Bucheinbände mit Holzdeckeln, die mit weißem Schweinsleder bezogen und anschließend mit Rollen und Stempeln blind verziert wurden.
Diese Einbandart wird häufig als monoton und altbacken bespöttelt.
Für mich ist es aber die interessanteste Epoche der hiesigen Einbandkunst.
Das Bildprogramm der einzelnen Einbände zeigt zum einen, dass der Glaube eine sehr wichtige Rolle im Leben der Bevölkerung spielte, zum anderen werden auch sehr häufig
Bilder verwendet, die dem neuen Zeitgeist des Humanismus entsprechen.
Auch neu ist, dass der Buchbinder sein Werk mit seinen Initialen signiert.
Bisher war dies nur bei bildenden Künstlern üblich, wie das AD von Albrecht Dürer.
Sehr gut kann man dies auf einem Einband von Jakob Holl sehen. (I H für Iakob Holl).
Aber auch Jacob Holl wurde durch seine Arbeit nicht reich -   
Seine Witwe war nach dessen Tod auf die Sozialfürsorge, den sogenannten Armenkasten, angewiesen.3  

  1. Freiburger Diözesan Archiv Neue Folge XIX 1919 S.4 ff
  2. Stadtarchiv Freiburg Inventarium Kürnbach 22. September 1582
  3. Erzbischöfliches Archiv Freiburg i. Br.“ Liber actorum1587“

Im 17. Jahrhundert wurde dann eine eigene Buchbinderzunft gegründet – mit, um den wirtschaftlichen Erfolg der Buchbindereien durch Zunftgesetzte zu sichern.

Die Geschichte der Freiburger Buchbinder – Kapitel III

Freiburgs Buchbinder im 17. und 18. Jahrhundert

Das Erstarken der Freiburger Zünfte im 16. Jh. weckte auch bei den Buchbindern den Wunsch nach einer eigenen Zunftordnung.
1602 reichten sie beim Rat der Stadt eine entsprechende Supplik ein, der sie eine geplante Zunftordnung beilegten. Diese wurde aber vom Rat der Stadt ohne Begründung abgelehnt. 

Doch manchmal zahlt sich Sturheit aus: Aus Straßburg ließ man sich die dortige Zunftordnung für Buchbinder kommen, bearbeitete sie etwas und legte sie 1603 dem Rat der Stadt erneut vor, der sie dann am 5. September 1603 bewilligte.
Für kurze Zeit blühte das Buchbindergewerbe nun auf – aber es sollte nicht so bleiben. 

Um 1618 begann eines der dunkelsten Kapitel in der hiesigen Geschichte – der Dreißigjährige Krieg. Am Anfang blieb Freiburg zwar verschont, aber 1632  kam der Krieg auch in die Stadt.
Für Bücher und Buchbinder war nun nicht mehr die Zeit.

Freiburg wurde Spielball der Großmächte – was nun folgte, waren Zerstörung, Plünderung und Leid. Klöster wurden aufgegeben und die Universität zog zeitweise nach Villingen oder Konstanz um.
Die Bevölkerungszahl sank von fast 8000 auf 3500 Menschen, d.h. fast die Hälfte der Freiburger Bevölkerung fehlte.
Das Ende des Dreißigjährigen Kriegs brachte für Freiburg keinen Frieden, durch die spanischen und bayrisch-österreichischen Erbfolgekriege kam es immer wieder zu Einschränkungen.

Nur wenige Quellen und Arbeiten von Buchbindern sind aus dieser Zeit erhalten.
Dass es zumindest noch Buchbinder gab, belegt ein Auszug aus einem Rechnungsbuch von 1675, aus dem wir erfahren, dass die Buchbinder von der kath. Kirche für das Tragen einer Fahne bei der Fronleichnamsprozession entlohnt wurden.
Auch in den Strafakten der Stadt wird 1684 ein Buchbinder namens Speckner erwähnt.

Die Stadtbevölkerung wächst kaum und die Wirtschaft stagniert – wie kam es also, dass der Buchbinder Joh. Jost Wanninger ( zünftig 1698 ) bei seinem Tod eine Summe von 13766 fl vermachen konnte – das entspricht einem Gegenwert von sechs großen Häusern in der Hauptgasse (der heutigen Kaiser-Josef-Straße)?

Bis Mitte des 18. Jh. verharrt Freiburg auf Kleinstadtniveau mit ca. 3000 Einwohnern, wovon ein Drittel auf städtische Fürsorge angewiesen war.
Erst ab ca. 1740 sind nun auch wieder Quellen verfügbar, die über die Buchbinder der Stadt Auskunft geben –
Eintragungen von Wandergesellen, Lehrverträge und Klagen gegen Gewerbeverstöße.

Die wichtigste Quelle ist sicherlich
„Der löblich Buochbinder Hantwercksbuoch“

Angefangen 1728, aber die ersten Eintragungen sind erst ca. 20 Jahre später vermerkt.
Es scheint von Buchbindermeister G.I. Hagenbuech initiiert und gebunden worden zu sein.

Neben Meister- und Lehrlingspflichten sowie Kosten für Meister, Gesellen und Lehrlinge sind unzählige Informationen über das Buchbinderleben in der Stadt vermerkt.
Auch sind darin die ersten Buchbindernamen erwähnt, die nicht in Freiburg, sondern in der Umgebung arbeiteten, aber in der Freiburger Buchbinderzunft „eincorperiert“ waren.
Meister aus Schlettstadt, Breisach, Villingen und Bonndorf sind dort verzeichnet – die Zunft hatte also ein enormes Einzugsgebiet.

Eine für die Forschung „kleine Sensation“ kam 2016 an die Öffentlichkeit:
Das Buchbindermuseum Mainz konnte eine Zunftkanne von 1736 erwerben –
diese wurde von drei Freiburger Buchbindergesellen gestiftet.
Zum ersten Mal können wir Namen von Buchbindergesellen im frühen 18 Jh. nachweisen.

Aber es gibt immer noch einiges zu erforschen.

Quellen und Bilder:
Stadtarchiv Freiburg
Buchbindermuseum Mainz

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